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Kopieren als Kulturtechnik

Debian auf einem Non-PAE System installieren

26. März 2014 von Christian Imhorst

Alte Hardware wegzuwerfen ist meist sehr schade, weil sie häufig noch gut funktioniert. Zum Beispiel das Business-Notebook Thinkpad R51. Vor 10 Jahren war das ein Spitzenmodell mit Windows XP, 512 MB Arbeitsspeicher, 30 Gigabyte IDE-Festplatte und einem Intel Celeron M mit 1,3 GHz. Heute ist der Arbeitsspeicher zu wenig, das vorinstallierte Betriebssystem ein Sicherheitsrisiko und der Festplatte kann man nicht mehr trauen. Der Prozessor ist aber noch schnell genug, um damit im Internet zu surfen, oder E-Mails zu schreiben. Wenn man sich für alte Hardware interessiert, sollte man eine Sammelleidenschaft für Komponenten aus defekten Rechnern, besonders Laptops entwickeln und wenigstens Arbeitsspeicher und PCI-Geräte wie WLAN-Karten retten, bevor man einen Laptop verschrottet. Für manche WLAN-Karten gibt es keine Firmware unter Linux, dann ist es gut, wenn man sie gegen eine austauschen kann, die problemlos erkannt wird. Arbeitsspeicher kann man immer gebrauchen, außerdem muss man kein Geld ausgeben, um den Arbeitsspeicher eines älteren Notebooks zu erweitern, und wenn es nur ein weiterer 512 MB Riegel für den R51 ist. Speichermedien wie SD- oder CompactFlash-Karten hat man meist auch mehr als man braucht, zum Beispiel weil man sich für den Fotoapparat mal eine Karte mit noch mehr Speicherplatz gekauft hat. Haben die alten Karten mindesten 4 GB oder mehr Speicher und liegen ungenutzt in der Schreibtischschublade rum und wenn die Karte bootfähig ist, braucht man nur noch einen IDE-Adapter für etwa 10 Euro und die Festplatte kann ausgetauscht werden.

Installation

Nachdem man den alten Rechner also etwas aufgemotzt hat, kann das Abenteuer Debian-Installation beginnen. Für nur 1 GB Arbeitsspeicher reicht die 32-Bit-Version aus. Man sollte allerdings darauf achten, dass die Desktop-Umgebung nicht so viel Arbeits- und Festplattenspeicher benötigt. Im Zweifel wurde eine Karte mit nur 4 GB eingesetzt, da scheiden KDE und Gnome einfach aus. LXDE, XFCE sind gut, Enlightenment oder OpenBox sind als Fenstermanager sogar noch besser. Jetzt kann man eine ISO-Datei mit Debian herunterladen und sie auf CD brennen oder, etwas umweltfreundlicher, auf einen USB-Stick kopieren:

dd if=/Pfad/zur/LieblingsDistri.iso of=/dev/sdX bs=4M
sync

Die gößte Herausforderung dabei ist herauszufinden, auf welchem Gerät sich der USB-Stick befindet. Nachdem man den USB-Stick eingesteckt hat, zeigt das der Befehl df -h. Wenn der USB-Stick der einzige ist und es auch nicht mehr als zwei Festplatten gibt und keine SD-Karte im Rechner steckt, dann ist das Gerät meistens /dev/sdb, so wie im Listing zu sehen, oder /dev/sdc. Es kann aber auch ein anderes sein.

$ df -h
Dateisystem               Größe Benutzt Verf. Verw% Eingehängt auf
rootfs                     109G     64G   40G   62% /
/dev/sda1                  228M     19M  198M    9% /boot
/dev/sdb1                   6G       4G    2G   67% /media/usb

Nachdem man den USB-Stick erstellt hat, kann man beim Booten eines älteren Notebooks wie dem R51 allerdings eine böse Überraschung erleben. Anstelle der Installationsroutine oder eines Live-Systems erscheint beim Booten nur die Meldung:

This kernel requires the following features not present on the CPU:

pae

Unable to boot – please use a kernel appropriate for your CPU.

Auch das noch. Es war vielleicht klar, dass ein Celeron M keine Physical Address Extension (PAE) hat. Linux-Distributionen ohne PAE-Unterstützung gibt es immer weniger, doch was macht dieses PAE überhaupt? Kurz gesagt hilft es 32-Bit-Betriebssystemen dabei, mehr als 4 GB Arbeitsspeicher anzusprechen. Möchte man mehr als 4 GB Arbeitsspeicher addressieren benötigt man sonst ein System mit 64-Bit.

Um ein Debian ohne PAE-Support zu installieren gibt es mehrere Möglichkeiten. Aus Gründen der Kompatibilität mit Non-PAE-Systemen, wird auf solchen Rechnern bei der Boot-CD 1 von Debian Wheezy i386 ein solcher Kernel installiert. Aber auch die Netzinstallation von einer Minimal-CD sollte in diesen Fällen automatisch einen 486er-Kernel installieren. Bei der 32-Bit Debian Edition von Linux-Mint ist er aus diesen Gründen sogar voreingestellt. Bei dem Debian-Ableger Crunchbang (#!)-Linux kann man direkt eine ISO ohne PAE-Unterstützung herunterladen. Wenn eine Installation mit Debian scheitert kann man also noch auf Mint und Crunchbang ausweichen. Der Vorteil von Crunchbang ist, dass es auf ältere Rechner abgestimmt ist, da speziell Software ausgewählt wurde, die auch auf nicht ganz so schneller Hardware noch gut funktioniert.

Eine einfache und schnelle Installation klappt auf dem R51 mit der Debian-Edition von Linux Mint 16. Nach der Installation funktioniert alles und das Sytem ist sofort einsatzbereit. Das dicke Ende kommt aber nach dem ersten Update aller Pakete. Anschließend bootet der Laptop nicht mehr. Irgendeine Komponente scheint Probleme zu bereiten, was man auch merkt, wenn man versucht Debian direkt oder Crunchbang-Linux zu installieren. Der Live-Modus von Crunchbang funktioniert, bei der Installation hakt es aber bei der Hardware-Erkennung und bricht ab. Wie sich herausstellte, ist es ein Bug in einem der Installtions-Skripte, hier in /bin/check-missing-firmware. Wird die Firmware nicht entdeckt, zum Beispiel von der WLAN-Karte, hängt die Installation. Dafür gibt es aber ein Workaround.

Dazu startet man die Installation bis zur Auswahl der Sprache. Mit der Tastenkombination Strg, Alt und F2 wechselt man in die virtuelle Konsole. Hier ruft man mit dem Editor Nano die Datei /bin/check-missing-firmware auf.

nano /bin/check-missing-firmware

Im Skript fügt man gleich nach der ersten Zeile #!/bin/sh ein exit 0 an. Die Datei wird mit der Tastenkombination Strg + o gespeichert und Nano mit Strg + x beendet. Mit der Tastenkombination Strg, Alt und F1 wechselt man zurück zum Installer und fährt mit der Installation fort, indem man die Sprache auswählt, die man möchte. Während der Installation kann es so aussehen, als ob sie schon wieder hängen geblieben sei. Wenig Arbeitspeicher und ein schwacher Prozessor können eben zu Verzögerungen führen. Normalerweise kann man nach am Brummen und Knattern der Festplatte hören, dass es weiter geht. Wenn man die aber gegen eine SD-Karte ausgetauscht hat, hilft das leider nicht mehr. Nach der Installtion funktioniert zumindest beim R51 alles normal und die einzelnen Komponenten werden vollständig erkannt.

Sollte es Probleme bei der Installation oder der Hardware geben, kann man auch Bodhi-Linux probieren. Bodhi hat zwar Ubuntu als Fundament, benutzt aber Enlightment als Desktopumgebung. Die Bodhi-Entwickler behaupten immerhin, dass ihr Gnu/Linux mit minimalen Hardwareanforderungen wie 128 MB Arbeitsspeicher, nichtmal 3 GB Festplattenspeicher und einem 300 MHz Prozessor startet. Für Besitzer von Non-PAE-System gibt es außerdem ein spezielles Image zum herunterladen.

Anstatt möglichst ressourcenschonende Programme unter einem Original-Debian zusammenzusuchen, kann man auch gleich eine Distribution nutzen, die nicht viele Anforderungen an die Hardware stellt. Hier kommt Crunchbang-Linux ins Spiel: Ein großer Teil der Pakete kommt bei Crunchbang von Debian, ein paar weitere aus den eigenen. Die eigenen Pakete sind hauptsächlich spezifische Änderungen am Fenstermanager OpenBox, der zusammen mit dem Panel tint2 ein Freund eher schwacher Komponenten ist. Weitere Programme sind Standards wie der Dateimanager Thunar, der Browser Iceweasel, der Videoplayer VLC, der Systemmonitor Conky und viele mehr. CrunchBang lässt sich auch auf älteren Computer flott einsetzen und ist dabei noch sehr lehrreich: Die Konfigurationsdateien der Standard-Programme sind direkt im Menü verlinkt und man kann direkt lernen, wie das System funktioniert, und es an die eigenen Bedürfnisse anpassen. CrunchBang nimmt einem viel Arbeit bei der Konfiguration des Desktops ab, wofür man ohne diese Distro viele Stunden bräuchte, um sich in alles einzuarbeiten. Die Spitznamen der einzelnen Ausgaben lehnen sich übrigens an denen von Debian an. So beginnt Crunchbang Statler mit einem S wie Squeeze, auf dem Statler aufbaut. Die aktuelle Version Waldorf basiert auf Debian Wheezy, und die kommende wird Janice heißen und auf Debian Jessie basieren. Während Debian-Versionen immer nach einer Figur aus Toy Story benannt sind, tragen Crunchbang-Ausgaben immer den Namen eines Charakters aus der Muppet-Show.

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