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Kopieren als Kulturtechnik

Mobiles Python

13. August 2007 von Christian Imhorst

Ich habe zwar keine Ahnung, ob ich es jemals gebrauchen werde, aber ich habe jetzt Python auf meinem Nokia Handy. Wenn die normalen in Java programmierten Spiele zu langweilig geworden sind, hat man jetzt zumindest ein wunderschönes neues Adventure, das einem die Zeit vertreibt. Wer zufällig ein Handy der Serie 60 besitzt, kann nachziehen. Für die Installation habe ich das englischsprachige Tutorial von Jürgen Scheible benutzt.

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Rettet Dillo!

6. August 2007 von Christian Imhorst


Dieser Artikel ist erstmals erschienen im
freiesMagazin 07/2007 Juli. Ausgabe 07/2007 als PDF herunterladen.

Der kleine und schnelle Webbrowser Dillo [1] ist vielleicht schon bald nur noch ein Datenfragment im Archiv der Geschichte freier Software. Das Projekt wurde von seinem Maintainer Jorge Arellano Cid im April 2007 eingefroren, da Entwickler und Unterstützung aus der Industrie fehlen.

Laut eigener Aussage ist es für die Entwickler sehr schwierig und langwierig einen funktionsfähigen Browser zu schreiben, wenn man seine Brötchen mit etwas anderem verdienen muss und an Dillo nur in seiner Freizeit programmieren kann. Damit der Browser weiter entwickelt wird, bräuchte das Projekt Kernentwickler und Sponsoren. Die aktuelle Version 0.8.6 ist mittlerweile über ein Jahr alt und eine Unterstützung scheint nicht in Sicht.

Das Projekt wurde im Jahr 2000 gestartet, um einen schlanken Webbrowser für Embedded-Systeme unter der GPL zu schaffen. Von Anfang an sollte Dillo aber auch auf weiteren Plattformen einsetzbar sein. Nach dem Willen der Entwickler soll der kleine Browser zur Demokratisierung der Zugangsinformationen zum Netz beitragen und Menschen in die Lage versetzen, am Informationsfluss des World Wide Webs (WWW) teilzuhaben, auch wenn ihre Zugangsvoraussetzungen schlecht sind, weil sie entweder veraltete Hardware oder nur Handhelds und PDAs zur Verfügung haben. Daher läuft Dillo auf so ziemlich allen Betriebssystemen und hat als Mindestanforderung einen 486er PC mit 8 MB Arbeitsspeicher. Dieses Feature sorgt dafür, dass Dillo zum Standardbrowser für kleine Linux-Distributionen wie Damn Small Linux oder DeLi-Linux geworden ist, die sich auf den Einsatz auf älterer Hardware spezialisiert haben.

Installation

Um sich unter GNU/Linux ein Bild von dem Browser machen zu können, kann man ihn einfach über die Paketverwaltung installieren, da sich das Softwarepaket dillo zum Beispiel unter Fedora in „Extras“ und unter Ubuntu in „Universe“ befindet. Leider trägt sich Dillo nicht von allein in ein Anwendungs- oder Startmenü ein, so dass man ihn im Terminal oder über die Tastenkombination Alt + F2 mit dem Befehl dillo starten muss.

Dillo wird in jeder Distribution anders gepflegt. Unter Ubuntu und Debian verrät einem die Startseite als erstes, dass es sich bei diesem Browser um die gepatchte Version 0.8.5-i18n handelt. Durch den Patch i18n kommt Dillo unter anderem mit sprachlichen Eigenheiten wie Umlauten oder japanischen Schriftzeichen klar. Leider findet man in den Quellen nur diese leicht veraltete Version des Browsers. Das Paket wird wohl nicht mehr gepflegt, da weder in Ubuntu noch in Debian auf die Version 0.8.6 aktualisiert wurde. Ruft man Dillo unter Fedora auf, verrät einem die Startseite, dass man zwar den aktuellen Browser benutzt, dafür aber leider nur die offizielle und ungepatchte Version, die mit einigen Einschränkungen daher kommt.

Einen aktuellen und gepatchten Dillo muss man sich also in jedem Fall selber backen. Die Quelldateien sollte man sich aber nicht von dillo.org besorgen, sondern gleich die gepatchte Version nehmen, die Tabbed-Browsing unterstützt, Frames anzeigt, Umlaute und andere Schriftzeichen richtig darstellt und SSL, das Verschlüsselungsprotokoll für Datenübertragung im Internet, beherrscht. Man kann sie sich unter [2] herunterladen. Das Archiv mit den Quelldateien entpackt man am besten ins Home-Verzeichnis und wechselt mit dem Befehl cd dort hinein:

cd dillo-0.8.6-i18n-misc-20060709/

Damit der Quellcode von Dillo problemlos kompiliert werden kann, benötigt man neben dem üblichen C/C++-Compiler und checkinstall noch folgende Pakete:

  • libglib1.2-dev
  • libgtk1.2-dev
  • libssl-dev
  • libxft-dev
  • libpng12-dev
  • libjpeg62-dev

Die neueste Version von Dillo benutzt teilweise bereits FLTK 2.0, ein GUI-Toolkit für 3DGrafikprogrammierung. Falls es eine nächste Version des Browsers geben wird, wird dieses Toolkit vollständig GTK+ ersetzen. In der Version 0.8.6 ist nur die Download-GUI damit erstellt worden. Da FLTK 2.0 aber noch nicht in den Ubuntu- und Fedora-Quellen vorhanden ist, lässt man die Download-GUI beim Kompilieren am besten weg. Dazu ruft man configure mit folgender Option auf:

./configure --disable-dlgui

Anschließend beginnt endlich das Kompilieren mit make und sudo checkinstall. Die neue Version wird automatisch in das Verzeichnis /usr/local/bin/ installiert. Dillo wird dann ebenfalls mit dem Befehl dillo im Terminal oder über die Tastenkombination Alt + F2 gestartet.

Benutzung

Wie jeder gute Browser kann Dillo HTMLSeiten darstellen, im Dateisystem browsen, Bilder im JPG-, PNG- oder GIF-Formt anzeigen, Textdateien darstellen und er unterstützt Cookies und SSL. Dafür beherrscht er kein JavaScript, kein Flash und — was noch schmerzhafter ist — keine Cascading Style Sheets (CSS), dem Layout-Standard im Web2.0. Das hat allerdings den Vorteil, dass man beim Surfen von vorneherein ein paar Sicherheitsrisiken weniger hat und keine nervigen Fragen von befreundeten Webdesignern mehr beantworten muss, wie man das Layout findet. Allerdings entgehen einem mit Dillo auch ein paar wunderschöne Seiten im WWW, und man reduziert das Internet wieder auf seinen Ursprungsgedanken, nämlich eine Vielzahl an Textinformationsquellen zu liefern.

Die Einstellungen erreicht man bei Dillo über View » Options …. Hier kann man unter Network die Startseite und die Homepage festlegen. Klickt man beim Surfen mit der rechten Maustaste auf eine Internetseite, bietet Dillo in einem Kontextmenü noch mehr Optionen an, wie Bookmark this Page. View page Source zeigt den Quelltext der Seite an und View page Bugs gibt Auskunft über HTMLFehler. Das besondere Feature an dem Kontextmenü ist aber Jump to …, denn man kann damit zu verschiedenen Abschnitten in der Seite springen. Wenn einen das Panel am oberen Rand stört, reicht übrigens ein Doppelklick mit der linken Maustaste aus, um es verschwinden zu lassen. Mit einem erneutem Doppelklick bekommt man es wieder zurück.

Cookies werden per Standardeinstellung nicht von Dillo akzeptiert. Möchte man welche benutzen, muss man einzelne Seiten in der Datei ~/.dillo/cookiesrc dafür freischalten. Eine Beispieldatei sieht dann etwa so aus:

DEFAULT DENY
slashdot.org ACCEPT
.host.com ACCEPT_SESSION

Wenn man einen schwachen Rechner hat und DeLi-Linux, Damn Small Linux oder Icebuntu (siehe freiesMagazin 05/2007) darauf einsetzt, oder wenn man wirklich schnell und ohne modernen Schnickschnack durchs Internet surfen möchte, ist Dillo super. Alle anderen werden sich wohl eher Browsern zuwenden, die mehr Komfort bieten.

Wenn man aber in C programmieren kann und nicht möchte, dass dieses tolle Projekt untergeht, sollte man einen CSS-Patch schreiben, damit das Browsen mit Dillo angenehmer wird. Die CSS-Spezifikationen stehen schon auf der Homepage von Dillo bereit [3]. Ansonsten bleibt nur die Hoffnung, dass das Projekt bald Geldgeber und neue Mitstreiter findet, um nicht unterzugehen.

Links
[1] http://www.dillo.org/
[2] http://teki.jpn.ph/pc/software/dillo-0.8.6-i18n-misc-20060709.tar.bz2
[3] http://www.dillo.org/CSS.html

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Freie Software — eine Chance für Afrika?

6. August 2007 von Christian Imhorst


Dieser Artikel ist erstmals erschienen im
freiesMagazin 08/2007 Juli. Ausgabe 08/2007 als PDF herunterladen.

Den Repräsentanten von Microsoft in Malawi hat Alex Antener gleich bei seinem ersten Besuch in dem afrikanischem Land kennengelernt. Allerdings war das Zusammentreffen mehr als schräg.

Mit ein paar Mitstreitern der Polytech in Blantyre, einem technischen College, war er Mitte 2004 auf einer kleinen IT-Messe für lokale Firmen. Nachdem sie einen Vortrag über Chancen und Nutzen von freier Software im Bildungsbereich gehalten hatten, haben sie Live-CDs mit GNU/Linux verteilt. Alex Antener wurde dabei von einem Herren auf die CD angesprochen und er antwortete, dass dies ein freies Betriebssystem sei. Er solle sich eine CD nehmen und es selbst versuchen. Worauf der Mann erwiderte: „I don’t like Linux. I like Windows because it’s sexier. I like sex.“ Die Studierenden erzählten Alex, dass der Mann der Microsoft-Repräsentant von Malawi sei. Da man auch in Afrika überall Kondome kaufen kann, besorgte er sich ein Paket Präservative, ging zum Stand von Microsoft und überreichte sie dort dem Repräsentanten mit dem Kommentar: „I like safer systems.“

Ein Jahr sp¨ater versuchte Microsoft mit einem „Memorandum of Understandig“ malawische Schulen zu verpflichten, nur Produkte aus Redmond einzusetzen und zu lehren. Durch einen offenen Brief von Systemadministratoren und Studierenden der Universität, der in den Zeitungen abgedruckt wurde, konnte das Memorandum vorerst abgewendet werden. Microsoft wird aber weiter daran arbeiten, sein Betriebssystem auch in Afrika zu verbreiten, ohne zu hinterfragen, ob Windows in Entwicklungsländer ökonomisch sinnvoll ist. Die IT-Infrastruktur in vielen afrikanischen Ländern sieht meist so aus, dass westliche Länder ihren Computermüll dort abladen. Wenn die alten Rechner überhaupt noch funktionieren, kommen sie mit den extremeren klimatischen Bedingungen und den häufigen Stromausfällen nicht zurecht. Ganz zu schweigen davon, dass es in den meisten Schulen gar keinen Strom gibt. Unter diesen Umständen wird man mit Windows nur schlecht lernen und lehren können.

Die Industrialisierung hat in Afrika noch nicht stattgefunden. In seinem Vortrag „Freie Software — Eine Chance für Afrika?“ auf dem 23. Chaos Communication Congress sagte Alex Antener daher, dass sich Malawi und andere afrikanische Länder nur dann an der globalen Entwicklung von Informationstechnologie beteiligen können, wenn sie über einen freien Zugang zu Wissen und dem unbeschränkten Zugang zu Quellcode verfügen, was nur mit freier Software und modernen Computern möglich sei. Bei der Planung seines zweiten Malawi-Projektes habe er deshalb neueste Computerhardware in Form von 25 ThinClients und zwei Servern beschafft, auf denen später Edubuntu zum Einsatz kommen solle. Finanziert wurden die Rechner über das Informationstechnologie Zentrum der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich (HGKZ).

Moderne ThinClients kommen besser mit dem Klima und den häufigen Stromausfällen zurecht, als Desktop-Computer. In Blantyre, der größten Stadt in Malawi, fällt etwa fünfmal am Tag der Strom aus. Die ThinClients werden dann einfach wieder neu gestartet. Die Dateien, an denen gerade gearbeitet wurde, sind auf dem Server gesichert und stehen wieder zur Verfügung, sofern der Server mit einer unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) betrieben wird. Bei ThinClients muss nur für den Server eine USV angeschafft werden. Bei Desktop-Computern bräuchte jeder Rechner eine USV, was einfach zu teuer wäre.

Das Ziel der engen Zusammenarbeit mit den Studierenden war, dass die Uni in Zukunft die Server selbst betreuen und administrieren kann. So sollte die Selbstverantwortung über die eigene IT gesichert werden. Außerdem gibt es die Hoffnung, dass dadurch der Abwanderung von Wissen, dem so genannten „brain drain“, etwas entgegengehalten werden kann. Die Studierenden sollen ihr Wissen in Malawi weitergeben.

Interview mit Alex Antener

Christian Imhorst hat mit Alex Antener, der im vorhergehenden Artikel vorgestellt wurde, ein Interview zu dessen Engagement für Freie Software in Afrika geführt.

1. Erzähl doch bitte zuerst von dir. Wie ist dein beruflicher Werdegang, was machst du heute?
Nach meiner abgeschlossenen Lehre als Landschaftsgärtner und nach gestalterischer Matura habe ich an der école cantonale d’art de Lausanne (écal) erst Grafik-Design und Cinéma studiert. Abgeschlossen habe ich dann mein Studium an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich (HGKZ) [1] im Bereich „Neue Medien“. Das war im Sommer 2005. Bereits während meines Studiums an der HGKZ wurde mir hier eine Stelle als GNU/Linux-Systemadministrator angeboten, wo ich bis heute arbeite. Nebenberuflich engagiere ich mich in der Kunstszene Zürich und der Free Software Foundation Europe (FSFE). Seit 2006 bin ich dort im Kernteam.

2. Wie kamst du zu Freier Software?
Bereits als Kind hatte ich dank meines Vaters, der in den 80er Jahren Systembetreuer von Unix-Umgebungen war, Zugang zum Usenet und zur „Kommandozeile“. Was den Umgang mit Computersystemen angeht, war ich immer der klassische Autodidakt. Das „Bewusstsein“ für die GNU-Bewegung konkretisierte sich jedoch erst während meines Studiums in den „Neuen Medien“. Glücklicherweise hörte Georg Greve [2], der Präsident der FSFE [3], von meinem Engagement in Malawi und dem Projekt, worauf wir uns per E-Mail kennen gelernt haben.

3. Wann und warum warst du zum ersten Mal in Malawi?
Im Rahmen meines Studiums an der HGKZ verbrachte ich 2004 ein Auslandssemester in Malawi. Anfangs plante ich drei Monate an der University of Malawi the Polytechnic verschiedene Dienste und Strukturen aufzubauen und umzustellen. Aus den drei Monaten wurden dann sieben, weil es einerseits viel zu tun gab und ich andererseits schnell Gefallen an der Kultur, dem Land und den Menschen fand.

4. Wie bist du auf die Idee gekommen, an der Polytechnic in Blantyre zwei Computernetzwerke mit Edubuntu einzurichten?
Da ich bereits 2004 intensiv mit dem Bibliothekar der Polytechnic, Martin Thawani, zusammengearbeitet habe, wurde ich schnell mit der Problematik der Verteilung und Zugänglichkeit von Wissen an afrikanischen Schulen vertraut gemacht. Ich wollte bei einem erneuten Projekt sicherstellen, dass insbesondere die Studierenden bei der Nutzung des Internets nicht zu kurz kommen würden. So plante ich für das Projekt, welches dann Ende 2006 stattgefunden hat, zwei Computernetzwerke an der Bibliothek mit Edubuntu aufzusetzen.

5. Warum fiel die Entscheidung auf Edubuntu als Betriebssystem?
Es war schnell klar, dass weder die Universität noch ich selbst die Kapazitäten besitzen würden, zwei Computernetzwerke über längere Zeit zu betreiben und zu unterhalten. Da Wissen über die Debian-Distribution an der Polytechnic bereits vermittelt wird und Ubuntu als „Afrikanische GNU/Linux-Distribution“ bekannt ist, fiel die Entscheidung leicht. Zudem eignet sich Edubuntu wegen des vorkonfigurierten LTSP (Linux Terminal Server Project) hervorragend für ThinClient-Netzwerke. Der Aufwand an der Konfiguration des Systems selber konnte demnach minimal gehalten werden. Übrigens besitze ich bis heute über SSH einen Zugang auf beiden Servern, damit ich regelmäßig per aptitude Systemupdates vornehmen kann.

6. Warum fiel die Entscheidung auf moderne ThinClients?
Ich suchte nach einer Möglichkeit, den Missstand an der Bibliothek der Polytechnic beheben und Wege zu finden, damit die Studierenden leichteren Zugang zu Wissen erhalten. Anfang 2006 wurden dann an Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich alte Citrix Metaframe-Systeme durch neuwertige abgelöst. So kam die Idee, die Bestellung der ThinClients zu vergrößern, um das Malawi-Projekt welche zur Verfügung haben und gleichzeitig die Polytechnic der neuesten Technologie auszustatten. ThinClients ließen sich wegen des geringen Gewichtes relativ kostengünstig nach Malawi transportieren. Außerdem war mir klar, dass die ThinClients nicht so stark unter schwierigen klimatischen Bedingungen leiden würden wie Desktop-Computer.

7. Gab es Widerstände an der Polytech oder von anderer Stelle gegen das Projekt? Wenn ja, wie sahen diese aus?
Es gab Widerstände. Wie auch an europäischen Unis gibt es an der Polytechnic interne Machtspiele. In einer fremden Kultur zu arbeiten macht dies natürlich nicht einfacher. Jedes Departement der Polytechnic versuchte mich für sich zu gewinnen. Ich wurde sogar vom Direktor des Zomba Colleges* eingeladen, um mir die Situation in seiner Schule anzugucken. Von der Seite der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich, welche die ThinClients finanzierte, gab es aber keine Widerstände.

8. Wie wurde Edubuntu als Betriebssystem aufgenommen? Gab es auch Befürworter von Windows?
Dies stand zu keinem Zeitpunkt des Projektes zur Diskussion. Da ich der Meinung bin, dass wir vorsichtig beim Aufdrängen von westlichen Vorstellungen sein sollten, sah die Vereinbarung so aus, dass ich der Polytechnic das System mitbringen, vorführen und erklären sollte. Was danach passieren würde, wollte ich nicht beeinflussen. Meinen Informationen zufolge ist das System aber noch immer in Betrieb und wird rege genutzt. Es gibt keinen Grund auf eine proprietäre Lösung umzusteigen, denn diese wäre weder zu finanzieren noch zu betreiben oder gar zu unterhalten.

9. Was war dein schönster Moment oder dein größter Triumph während des Projekts?
Nach einem halben Jahr Vorbereitung und drei Monaten Projektarbeit in einer fremden Kultur ist man schon sehr eingenommen von der Idee und dem Willen, das Projekt abzuschließen. Das „Triumphgefühl“ kommt deshalb etwas später. Ich habe die Gelegenheit genutzt, das Projekt auf dem 23. Chaos Communication Congress (23C3) des Chaos Computer Club in Berlin vorzustellen und für mich selbst noch einmal zu reflektieren. Ich glaube, das war wohl der Moment, den man am ehesten als Triumph bezeichnen könnte.

10. Was war nicht so schön oder was war deine größte Enttäuschung?
Was mich immer wieder entt¨auscht hat, ist die Tatsache, dass leider allzu oft westliche Entwicklungshilfe-Organisationen ihre Vorstellungen dem afrikanischen Kontinent aufzwingen. So fördern und erhalten sie in den Entwicklungsländern eine Bettelkultur, die es für die lokale Ökonomie und Bildungseinrichtungen schwierig macht, ihre Eigendynamik zu entwickeln. Man muss schon sehr vorsichtig sein, wo man mit einem Projekt ansetzen und wie man es letztendlich zu Stande bringen will, dass nach Abschluss des Projektes das System noch weiter genutzt und getragen wird.

11. Was hältst du von Projekten, die gebrauchte Computer für Afrika recyceln? Ist dir so ein Projekt vor Ort oder woandersbegegnet?
Ich bin kein Freund des Gedankens, alte Hardware in Schwellen- und Entwicklungsländer zu exportieren. Die Haltung empfinde ich als unehrlich und inkonsequent. Auch eine afrikanische Elite an einer Universität, wie beispielsweise der Polytechnic, verdient es, mit den neusten Technologien zu arbeiten. Es gibt aber zahlreiche Projekte, die gebrauchte Computer nach Afrika schicken. Die amerikanische Botschaft in Lilongwe zum Beispiel hat alten Computermüll an die Polytechnic abgeschoben. Auch in der Schweiz und in Deutschland sind mir derartige Projekte aufgefallen. Ich glaube, dass sie nur dazu beitragen, dass afrikanische Länder in einem „Schlummerzustand“ verharren.

12. Was hältst du von der Initiative „One Laptop Per Child“(OLPC) und ihrem 100-Dollar-Computer?
Ein großer Haken ist, dass die Inspiration hinter diesem Projekt bereits stark westlich geprägt ist. Die Bedürfnisabklärung passierte also aus Perspektive eines westlichen Landes. Das Gerät basiert auf westlichen Anforderungen. Dies ist aber schon von Grund auf falsch: Die Ansprüche an die Technik sind vor Ort ganz andere, als wir uns das aus westlicher Sicht vorstellen. Natürlich funktioniert das rein technische Konzept vollkommen, aber es ist trotzdem untauglich, die Bedürfnisse seiner Zielgruppe abzudecken. Es gibt keine IT-Lösung, die für alle Entwicklungsländer gleichermaßen funktioniert. Ghanas IT-Industrie zum Beispiel ist stabil und funktioniert unabhängig.** Malawi andererseits ist in IT-Sachen massiv abhängig von westlichen Anbietern und damit unselbstständig. So lange solche Abhängigkeiten bestehen, hat ein Projekt wie OLPC in solchen Ländern wenig Chancen. Auch ganz praktische Probleme lassen sich nicht so einfach mit einer Handkurbel lösen: Wo nimmt eine malawische Grundschule den Strom her? Sogar das Trinkwasser muss über zwei Kilometer herangeschleppt werden, die Räume der Grundschule haben kein künstliches Licht und ein Kind, das mit einem Laptop durch die Straßen läuft, würde auf der Stelle überfallen. Auf universitärem Niveau sieht es besser aus — nicht gut, aber besser.

Für uns Westler sieht das OLPC-Projekt außerordentlich interessant aus. Gründe dafür sind die Marketing-Maßnahmen, das GUI der eingesetzten Distribution, die Hightech-Bauteile vom MIT. Sie sind alle westlich und doch ist der Laptop für uns Westler verführerisch und anders. Das OLPC-Projekt ist auch ein Beweis dafür, dass ein Forschungsprojekt aus einem Bildungsinstitut wie dem MIT im Bereich der Informationstechnologie international komplexe und aktuelle politische sowie wirtschaftliche Zusammenhänge erfassen kann, um dann ein Produkt zu konzipieren, welches mit maßgeschneiderter Hardware und Software umgesetzt wird. Nun werden die verfügbaren Communitys und Kanäle zu den verschiedenen Organisationen genutzt, um Marketing zu betreiben. Ein derartiger Beweis ist grandios. Somit hat das OLPC-Projekt auch etwas Gutes und ist an sich dringend notwendig. Auch ein mögliches Scheitern des Projektes kann von Vorteil sein, da es aufzeigen würde, dass westliche Wertvorstellungen und Lösungen nicht überall passen. Die einzelnen Länder müssen „selber“ ihre Probleme formulieren, damit westliche Länder von diesem Schritt an mithelfen und gemeinsam Lösungen entwickeln können.

Ein weiterer Pluspunkt ist, dass hier nicht einfach ein Container Elektroschrott nach Afrika verschifft wird. OLPC ist brandneue Hardware, die speziell für die Entwicklungsländer geschaffen wurde. Hier müssen wir uns aber die Frage stellen: Entwickeln wir für die Entwicklungsländer oder schlussendlich doch wieder nur für uns selbst und unser Gewissen?

13. Deinen Vortrag auf dem Kongress 23C3 hieß „Freie Software – Eine Chance für Afrika?“ Worin genau siehst du diese Chance?
Freie Software bietet die Lösung für eine selbstständige Entwicklung im Bereich von Software und dokumentiertem Wissen. Darum ist der soziale Gedanke in der GPL so stark verankert. Oft wird der Free Software Foundation vorgeworfen, sie sei zu dogmatisch. Aber schlussendlich geht es darum, dass alle die Chance nutzen wollen, an der Bildung, Weiterbildung, Verarbeitung und Verteilung von Wissen und somit Quelleninformation teilzuhaben. Proprietäre, geschlossene Lösungen schaden der Eigenentwicklung, die afrikanische Länder dringend vorantreiben wollen. Wenn westliche Länder auch in Zukunft noch Vertragspartner afrikanischer Länder bleiben und an ihrer ökonomischen Entwicklung teilhaben wollen, sollten sie diesen Ländern die Möglichkeit zur Eigenentwicklung geben.

14. Wie wurdest du Mitglied im Core Team des FSF Europe im vergangenem Jahr und wie sehen deine Aufgaben beim FSFE aus?
Durch mein Engagement in Malawi entwickelte sich ein gegenseitiges Interesse zwischen mir und der Free Software Foundation Europe. Ich wurde dann von Georg Greve angesprochen, ob ich in das Kernteam eintreten wolle. Bisher beschränkte sich mein Engagement auf die Mitgestaltung von Diskussionen und Strategien der FSFE. Zudem vertrete ich stark den Freie Software-Gedanken in und neben meiner Arbeit an der HGKZ.

15. Gibt es die blauen T-Shirts mit dem selbstdenkenden Menschen, die ihr für das Malawi-Projekt gedruckt habt, irgendwo zu kaufen?
Leider wurde nur eine kleine Anzahl dieser T-Shirts in Malawi gedruckt. Die Druckvorlage kann ich aber gerne in meinem Weblog [5] bereitstellen, so dass sie alle unter Berücksichtigung der Creative Commons-ShareAlike-Lizenz verwenden können. Auf den T-Shirts steht übrigens „Anthu Ozindikira amagwirisa ntchito GNU/Linux Software“. Das ist Chichewa, die Sprache, die neben Englisch in Malawi gesprochen wird, und bedeutet: „Selbstdenkende Menschen benutzen GNU/Linux Software“.

Links
[1] http://hgkz.ch
[2] http://gnuhh.org/
[3] http://fsfeurope.org
[4] http://ebund.ch
[5] http://lix.cc/projects/malawi

* Die University of Malawi betreibt fünf Colleges im Land: das Chancellor College in Zomba, die Polytechnic in Blantyre, das Bunda College of Agriculture, das College of Nursing in Lilongwe und das College of Medicine in Blantyre.

** Siehe Artikel aus „Der Bund“ vom 5. März 2007 [4].

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Mein Interview mit Alex Antener

6. August 2007 von Christian Imhorst

Mein Interview mit Alex Antener ist in der August-Ausgabe des freiesMagazin erschienen. Mit dem Artikel „Freie Software — eine Chance für Afrika?“ habe ich dem Interview noch eine Einführung in das Thema vorangestellt. Wem es aufgefallen ist: Der Artikel hat den selben Titel wie der Vortrag von Alex auf dem 23C3. Mir ist einfach kein schönerer Titel eingefallen. ;-)

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Conky weiter aufgebohrt

13. Juli 2007 von Christian Imhorst

Ich habe meinen Systemmonitor Conky um eine weitere Funktion aufgebohrt: Er zeigt mir nun zusätzlich noch meine aktuelle IP-Adresse an. Wie man Conky unter Gnome und Ubuntu einrichtet, habe ich diesen Monat in meinem Artikel Conky — der kleine Systemmonitor im freiesMagazin beschrieben. Damit sich jeder ein Bild machen kann, mein Systemmonitor sieht so aus:

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OpenOffice tuning

13. Juli 2007 von Christian Imhorst

Wenn man viel mit OpenOffice arbeitet, so wie ich, dann nervt einen irgendwann zwangsläufig, dass OpenOffice so endlos langsam startet. Da kann man sich ja zwischendurch fast schon einen Kaffee holen gehen. Aber das ist unter Linux jetzt vorbei. Ein HowTo bei Zolved beschreibt, wie man den Start von OpenOffice.org unter Ubuntu (und anderen Linux Distributionen) beschleunigen kann. Da das HowTo auf Englisch ist folgt hier die Deutsche Übersetzung.

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Conky — der kleine Systemmonitor

1. Juli 2007 von Christian Imhorst


Dieser Artikel ist erstmals erschienen im
freiesMagazin 07/2007 Juli. Ausgabe 07/2007 als PDF herunterladen.

Conky [1] ist ein kleiner und schlanker Systemmonitor für das X Window System, der fast alle Systeminformationen auf dem Desktop darstellen kann, darunter CPU-Last, Festplattennutzung und Netzwerkaktivitäten.

Der merkwürdige Name stammt übrigens vom Maskottchen, einer Puppe aus der kanadischen Comedy-Serie „Trailer Park Boys“, und bedeutet wohl soviel wie knollnasig. Die Installation von Conky ist recht einfach, die Konfiguration unter GNOME und KDE aber ein wenig kniffelig.

Zuerst installiert man Conky mit dem Paketmanager seiner Wahl oder auf der Konsole. Das benötigte Paket heißt conky und ist sowohl für Ubuntu als auch für Fedora verfügbar.

Die Konfigurationsdatei von Conky heißt .conkyrc und liegt für gewöhnlich im Home-Verzeichnis. Nach der Installation kann man eine Beispieldatei dorthin kopieren bzw. extrahieren:

zcat /usr/share/doc/conky/ examples/conkyrc.sample.gz > ~/.conkyrc

Damit Conky einwandfrei läuft, sollten folgende Variablen in der Datei gesetzt sein:

own_window yes
own_window_transparent yes

In der Beispieldatei sind diese beiden Zeilen bereits vorhanden. Wenn man eine eigene Datei erstellt, sollte man die beiden auf jeden Fall übernehmen. Außerdem sollte folgende Zeile auskommentiert bzw. in die eigene Konfigurationsdatei übernommen werden:

own_window_hints_undecorated,below,sticky,skip_taskbar,skip_pager

Ohne diesen Eintrag würde Conky in der Taskbar erscheinen, Fenster überdecken und einen eigenen Fensterrahmen verwenden, was alles nicht so schön aussieht.

Standardmäßig erscheint der Systemmonitor unten links. Wenn man will, dass er in der oberen rechten Ecke des Desktops sitzt, muss man die Kommentarzeichen bei folgenden Einträgen verändern:

#alignment top_left
alignment top_right
#alignment bottom_left
#alignment bottom_right
#alignment none

Der Systemmonitor ist nun einsatzbereit und kann aus der Konsole heraus mit dem Befehl conky gestartet werden.

Conky und GNOME

Unter GNOME fällt zunächst auf, dass der Systemmonitor flackert, was man abstellen kann, indem man ein zusätzliches Modul in der Datei /etc/X11/xorg.conf in der Sektion „Module“ einträgt:

Load "dbe"

Nach dem Eintrag muss natürlich der X-Server neu gestartet werden, damit man das Ergebnis sehen kann.

Nach dem Start von Conky sind keine Icons mehr auf dem Desktop zu sehen. Das liegt am Dateimanager Nautilus, der den Desktop selber „zeichnet“ und Probleme im Zusammenspiel mit Conky hat. Die Lösung heißt hier Devilspie, ein Fenstererkennungsprogramm, das die Funktionalität von Fenstermanagern wie Nautilus erweitert. Auch Devilspie kann man mit dem Paketmanager seiner Wahl installieren. Das benötigte Paket heißt devilspie und ist sowohl für Ubuntu als auch Fedora verfügbar.

Danach muss Devilspie noch konfiguriert werden, damit es mit GNOME zusammenarbeitet. Dazu richtet man mit den folgenden beiden Befehlen eine Konfigurationsdatei im Unterverzeichnis .devilspie im Home-Verzeichnis ein:

mkdir ~/.devilspie
touch ~/.devilspie/conky.ds

und fügt folgende Zeilen in die Datei ~/.devilspie/conky.ds ein:

(if
  (is (application_name) "conky")
  (begin
     (pin)
     (skip_tasklist)
     (skip_pager)
   )
)

Nachdem Conky und Devilspie nun konfiguriert sind, kann man beide Programme zusammen mit der GNOME-Sitzung automatisch starten, indem man sie unter System » Einstellungen » Sitzungen im Reiter Startprogramme einträgt. Dafür klickt man den Button ”Neu“ und gibt anschließend als Namen „Devilspie“ und als Befehl „devilspie“ ein. Das Gleiche macht man dann entsprechend mit Conky.

Conky und KDE

Damit Conky auch mit KDE rund läuft, muss die Option „Programme im Arbeitsflächenfenster unterstützen“ aktiviert werden, die man im Kontrollzentrum unter Arbeitsfläche » Verhalten im Reiter Allgemein findet. Startet man den Systemmonitor aber mit transparentem Hintergrund, wird eine schwarze Fläche anstatt das Hintergrundbild des Nutzers angezeigt.

Das liegt daran, dass Conky das Hintergrundbild des Root-Fensters anzeigt. KWin, der Fenstermanger von KDE, aber setzt, wie die meisten anderen Fenstermanager auch, das Hintergrundbild nicht auf das Root-Fenster, sondern eine Ebene darüber. Damit hier das richtige Hintergrundbild verwendet wird, braucht man das Programm Qiv. Dafür installiert man das Paket qiv über die Paketverwaltung. Mit Qiv lässt sich dann der Hintergrund setzen:

qiv --root /pfad/zum/bild.png

Beim nächsten Aktualisierungsintervall von Conky wird dann das richtige Hintergrundbild angezeigt und der Systemmonitor erscheint transparent.

Qiv und Kubuntu

Bis Kubuntu 6.10 „Edgy Eft“ meldet qiv folgenden Fehler:

qiv: Your root window’s is not the visual Imlib qiv cannot set the background currently.

Um den Fehler zu beheben, muss man eine Umgebungsvariable setzen:

export XLIB_SKIP_ARGB_VISUALS=1

Allerdings ist die Variable beim nächsten Systemstart wieder verschwunden, falls man sie nicht entweder in die Datei .bashrc eingetragen oder an die Datei .conkyrc angehängt hat:

${exec export XLIB_SKIP_ARGB_VISUALS=1} ${exec /usr/bin/qiv --root 
/pfad/zum/bild.png}

Hat alles geklappt, wird man mit einem wunderschönen und schlanken Systemmonitor belohnt. Weitere Beispiele der Konfigurationsdatei .conkyrc findet man übrigens auf der Homepage des Conky-Projekts, von diesem ganz einfach gehaltenen Monitor für den Einstieg, bis hin zu ganz aufwendig konfigurierten.

Links:
[1] http://conky.sourceforge.net

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Kleiner Conky und „Rettet Dillo!“

1. Juli 2007 von Christian Imhorst

Heute sind im freiesMagazin 07/2007 gleich zwei Artikel von mir erschienen. Einmal „Conky — der kleine Systemmonitor“ und „Rettet Dillo!“. Das Magazin kann man sich hier herunterladen. Viel Spaß beim Lesen. Diesen beiden Artikel gibt es natürlich bald — wie die anderen auch — im HTML-Format zu lesen.

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Ice, Ice, Buntu

25. Juni 2007 von Christian Imhorst

Die Minimalinstallation, Teil 2


Dieser Artikel ist erstmals erschienen im
freiesMagazin 05/2007 Mai. Ausgabe 05/2007 als PDF herunterladen. Artikel als PDF herunterladen.


Wenn die Minimalinstallation aus dem ersten Teil geklappt hat, verfügt man nun über ein System, das zu einer Firewall, einem Webserver oder — mit anderen Rechnern im Verbund — zu einem Super-PC-Cluster á la Google ausgebaut werden kann. Nur: Wer will das? Schließlich kann man auch einen schlanken Fenstermanager wie IceWM installieren und den Computer als Desktop-PC nutzen. Mit Icebuntu gibt es außerdem ein wunderschönes Motiv, mit dem IceWM genauso schick aussehen kann wie die „großen“ Geschwister KDE und GNOME.

Als schlanker Fenstermanager für Linux verursacht IceWM weniger Speicher- und CPU-Auslastung als zum Beispiel XFCE, der Desktop von Xubuntu. IceWM fühlt sich dabei besonders auf älteren Systemen, die wenig Performance besitzen, zu Hause oder auf jüngeren, von denen der Benutzer meint, dass die Rechenpower für etwas Sinnvolleres als für eine graphische Oberfläche verwendet werden kann. Eine dritte Gruppe mag IceWM vielleicht, weil es an das Look and Feel von Windows 95 erinnert, was ihnen den Umstieg von Windows zu Linux erleichtert.

Vom hässlichen Entlein IceWM

Ich gehe davon aus, dass ein Minimalsystem installiert wurde und dass Universe und Multiverse in der Datei /etc/apt/sources.list freigeschaltet sind, so wie im ersten Teil (freiesMagazin 04/2007) beschrieben. Dann folgt eine kleine Installationsorgie:

sudo apt-get install icewm icepref iceme x-window-system-core ivman 
xfce4-terminal rox-filer xscreensaver 

Dabei ist icewm unser Fenstermanager, mit icepref und iceme, zwei graphischen Konfigurationstools. Dann folgt mit x-window-system-core das Metapaket für das X Window System, das installiert werden muss, damit eine graphische Benutzeroberfläche überhaupt angezeigt werden kann. Als Konsole kann man das Terminal von XFCE benutzen, da es auf den meisten älteren Rechnern noch schnell genug sein sollte, rox-filer als Dateimanager, xscreensaver als Bildschirmschoner und ivman zum automatischen Einbinden von Wechseldatenträgern. Wenn die Installation fertig ist, kann man sich mit startx in IceWM einloggen. Was man jetzt sieht, ist schäbig, wird aber sofort verschönert.

Zum schönen Schwan Icebuntu

Zuerst sollte man ein bisschen unter der Haube schrauben. IceWM kann über Textdateien oder über graphische Werkzeuge konfiguriert werden. Dazu einfach die Windows- und Leertaste gleichzeitig drücken, alternativ ist auch Strg + Alt + Leertaste möglich, und im geöffneten Run Command-Dialog in der Toolbar icepref eingeben. Hier sollte man einen Haken im Menü Menus track mouse even with no mouse buttons held im Karteireiter Behaviour setzen, damit man nicht die ganze Zeit die Maustaste gedrückt halten muss, wenn man im Startmenü unterwegs ist. Im selben Reiter sollte man die Häkchen bei Opaque window move und Opaque window resize herausnehmen, da es weniger Rechenleistung verbraucht, wenn beim Verschieben eines Fensters nur die Linien des Fensterrahmens zu sehen sind und nicht das ganze Fenster in Echtzeit verschoben wird. Alle weiteren Einstellungen können erstmal so bleiben. Wichtig für uns sind noch die Reiter Background, um später ein Hintergrundbild zu setzen, falls man auf ROX-Filer verzichtet, und Taskbar, wo man wie in GNOME die Taskbar on top of the screen setzen kann. Das Startmenü kann man übrigens mit dem Tool iceme bearbeiten.

Aussehen und Verhalten von IceWM können auch mit einem Texteditor gesteuert werden, indem man die entsprechenden Dateien im Ordner .icewm bearbeitet. In der Datei keys kann man zusätzliche Tastenkürzel definieren, in menu bearbeitet man den Inhalt des Startmenüs, preferences regelt das gesamte Verhalten des Fenstermanagers, toolbar die Icons in der Taskleiste und mit winoptions kann man einzelnen Programmen ein bestimmtes Verhalten zuweisen. Mehr dazu findet man im IceWM-Artikel im Wiki von ubuntuusers.de [1].

Jetzt fehlt nur noch das Icebuntu-Motiv von Ilya Yakubovich, das man sich unter [2] herunterladen kann. Um das Thema zu installieren, muss man zuerst den Ordner themes im Verzeichnis .icewm anlegen

mkdir -p ~/.icewm/themes

und icebuntu-default-2.0.tar.gz dorthin entpacken:

tar xfz icebuntu-default-2.0.tar.gz -C ~/.icewm/themes

Ganz wichtig: Die Datei muss für den Benutzer beschreibbar sein, was man durch

chmod a+w ~/.icewm/* 

erreicht. Jetzt kann man es im Startmenü unter Motive mit einem Klick auswählen.

Für Desktop-Icons lädt man den Dateimanager ROX-Filer beim Start von IceWM mit entsprechendem Parameter. Dafür legt man die Datei ~/.icewm/startup an und, da man gerade dabei ist, kann man auch gleich xscreensaver und ivman zum Start in die Datei eintragen:

rox -p=Desktop & 
xscreensaver -nosplash & 
ivman-launch &

Die Datei muss dann noch ausführbar gemacht werden:

chmod +x startup

Als Wallpaper für den Desktop kann man zum Beispiel „Ubuntu Glass“ [3] verwenden. Sollte man auf ROX-Filer als Desktop-Hintergrund verzichten, muss man die Bilddatei in icepref auswählen, wie weiter oben beschrieben. Beim ROX-Filer ändert man den Hintergrund, indem man mit einem Rechtsklick auf eines der Desktop-Icons das Menü aufruft, den Punkt Backdrop. . . auswählt und eine Bilddatei in das Backdrop-Fenster zieht.

Finetuning

Um GTK2 und ROX-Filer ein bisschen mehr aufzuhübschen, braucht man noch GTK2-Motive und Icons aus dem Ubuntu-Artwork.

sudo apt-get install ubuntu-artwork gtk-theme-switch

Mit dem Befehl switch2 im Terminal kann man das Human-Thema für GTK2-Anwendungen auswählen. Für GTK1 konnte ich leider kein entsprechendes Thema ausmachen, weshalb ich gtk-engines-industrial installiert und mit dem Befehl switch ausgewählt habe.

Wenn man das Artwork im ROX-Filer benutzen möchte, stellt man das Human-Thema nach einem Rechtsklick auf das geöffnete Dateimanagerfenster im Kontextmenü unter Options und Typen ein.

Automatisch einloggen

Bislang muss man noch den Befehl startx eingeben, um IceWM nach dem Einloggen zu starten. Damit das automatisiert geschieht, kann man startx in die Datei ~/.bash_profile eintragen. Falls man gerade zu faul ist, einen Texteditor zu starten, reicht eine Zeile im Terminal aus, um den Befehl ans Ende der Datei .bash_profile anzufügen:

echo 'startx' >> ~/.bash_profile

Wenn man auch auf das manuelle Einloggen verzichten möchte, braucht man das Paket rungetty. Sofern man Edgy oder aufwärts benutzt, muss man nach der Installation die Datei /etc/event.d/tty1 bearbeiten. Seit Edgy werden wegen upstart, ein von Ubuntu-Entwicklern eingeführter und vollständiger Ersatz für Init, die Runlevel in /etc/event.d definiert. In älteren Ubuntu-Versionen muss die Datei /etc/inittab entsprechend bearbeitet werden. Den Eintrag für die erste Konsole

respawn /sbin/getty 38400 tty1

ändert man in

respawn /sbin/rungetty tty1 -u root -- login -f BENUTZERNAME

Anstatt getty, das für jede Konsole einfach nur login startet, wird rungetty aufgerufen, das mehr kann: Zum Beispiel login mit den Parametern für Benutzernamen und für das Überspringen
der Passwortabfrage aufzurufen.

Da IceWM auf Geschwindigkeit und Flexibilität hin programmiert wurde, eignet es sich besonders zur Installation auf älteren Rechnern. Allerdings sollte man hier ein paar Regeln beachten: Zum Beispiel haben ältere Rechner meistens einen geringen Graphikspeicher, so dass man eine Farbtiefe von 16 Bit anstatt der üblichen 24 Bit in der Datei /etc/X11/xorg.conf auswählen sollte. Außerdem sollte man auf einen Loginmanager wie GDM oder KDM verzichten, da sie zu viel Arbeitsspeicher in Beschlag nehmen. Darüberhinaus sollte man kleine Programme verwenden, die die Ressourcen schonen, wie XMMS für Musikdateien, MPlayer für Filme (soweit das überhaupt möglich ist), XPDF als Betrachter für PDF-Dokumente, TEX-Maker zum Erstellen von LATEX-Dokumenten, Leafpad als Texteditor, xzgv als Bildbetrachter und als schlanken Browser Swiftfox oder, noch besser, Dillo. Aber zu Dillo ein anderes Mal mehr.

Links:
[1] http://wiki.ubuntuusers.de/IceWM
[2] http://freshmeat.net/redir/icebuntu/64282/url_tgz/icebuntu-default-2.0.tar.gz
[3] http://rmorg.org/random/ubuntuLogo/UbuntuLogo1.jpg

Geschrieben in freiesMagazin | Kommentare deaktiviert für Ice, Ice, Buntu

Computerspenden für Afrika: Segen oder Schrott?

25. Juni 2007 von Christian Imhorst

In meinem Artikel Linux rettet die Welt schreibe ich sehr positiv darüber, wie man alte Rechner mit einem modernen Betriebssystem ausstatten könnte, um sie an Entwicklungs- und Schwellenländer zu spenden. Alex Antener von „Exterminate All the Brutes“ sieht solche Projekte kritischer und hat damit auch Recht. In seinem Vortrag Freie Software – Eine Chance für Afrika? auf dem 23. Chaos Communication Congress berichtete er über seine Erfahrung am polytechnischem College von Blantyre, Malawi, wo er mitgeholfen hat, ein Computernetzwerk mit Servern, ThinClients und dem Betriebssystem Edubuntu aufzubauen. Am Ende des Vortrages schließt sich eine Fragerunde an, in der er sagt: „In Blantyre hast du fünf Mal am Tag Stromausfall. Jetzt werden so alte Computer von irgendwelchen Organisationen geschickt und die Uni muss sich für jeden Computer ein UPS, so ein Batteriesystem kaufen, die sehr teuer sind. Mit dem ThinClient-System müssen wir nur dem Server so ein UPS hinstellen. Wenn die ThinClients keinen Strom hatten, wurde das System beim erneuten Start einfach wiederhergestellt.“

Alte Computer nach Afrika zu spenden ist also kontraproduktiv, weil für jeden Rechner Geld für ein System zur unterbrechungsfreien Stromversorgung aufgewendet werden muss. Abgesehen davon, so Alex weiter, würden diese Rechner mit Pentium II oder III Prozessoren meist nicht gespendet, sondern der Schrott würde auch noch „verkauft“. Demnach ist es ökonomisch sinnvoller gleich in moderne ThinClient-Systeme zu investieren. Oder, was ich mir auch vorstellen könnte, wäre ein Projekt oder ein Verfahren, das alte Computer in ThinClient-Systeme plus Server umwandelt, und das praktischer Weise auch gleich vor Ort ist, wo die Computer gebraucht werden. Inwiefern es so ein Projekt schon gibt, oder ob es überhaupt machbar ist, weiß ich nicht. Auf jeden Fall wäre es gut, wenn Projekte wie das Charity Network in Norderstedt aus den Erfahrungen von „Exterminate All the Brutes“ lernen würden und nicht mehr Computerschrott mit einer fünf Dollar Lizenz für Windows 2000 nach Namibia und in andere Länder verschicken würden. Diese Geschichte kann man übrigens gut im Weblog von Michael Edwards nachlesen.

Geschrieben in Gnu/Linux | Kommentare deaktiviert für Computerspenden für Afrika: Segen oder Schrott?

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